Südbrookmerland

Urlaub am grossen Meer

Ein Kurzurlaub am „grossen Meer“

Zwischen den Meeren

Feiertagen bieten,

wenn sie auf einen Donnerstag fallen, zusammen mit einem „Brückentag“ die Chance für einen Kurzurlaub. Raus aus dem Alltäglichen, die Seele ein wenig baumeln lassen. Meine Lebensgefährtin Eva und mich zog es diesmal ans Meer. Die Weite der Küste und des Landes zu geniessen schafft auch innerlich Raum und Weite. Wir beschliessen ein weiteres Mal ans „Grosse Meer“ zu fahren.

Von uns aus Richtung Norden und dann immer geradeaus.

fast, knapp drei Kilometer hinter der A31 Abfahrt Emden / Norddeich weist uns das Schild „Grosses Meer“ nach rechts weg. Zum Meer, also zur Nordsee, geht es weiter geradeaus. Wir biegen von der B231 ab. Mit „Grosses Meer“ wird eine Ferienregion im Südbrookmerland, also im Städtedreieck Emden – Aurich – Norden, bezeichnet.

Diesmal ist es nicht die „Grosse Tour“, vielmehr ein entspanntes Wochenende mit kleineren Radtouren in einer herrlichen Region, die uns reizt die Delite Räder von Riese&Müller auf den Gepäckträger zu hieven.

Flaches Land, flaches Wasser

Das Grosse Meer ist ein Überbleibsel aus jener Zeit bevor Ostfriesland eingedeicht wurde. Es ist Naturschutzgebiet und mit einer Wassertiefe zwischen 0,5 und einem Meter ein Wassersportparadies für nicht motorisierte Sportarten. Mit einem ersten Ausflug erleben wir die Region über den Drei Meere Weg, der uns mit vielen liebevoll erschaffenen Aussichts- und Informationsstationen über die Flora, Fauna und Entstehung der Meere informiert; Knapp 35Km ebener Strecke eine bequeme Route zum Einfahren. Nach knapp einem Kilometer erreichen wir einen der um das Meer gebauten Kanäle, die für Motorboote nutzbar sind. Mit Hilfe einer „Pünte“ müssen wir übersetzen.

Handarbeit ist angesagt. Langsam bewegt sich ein Ponton aus VA-Stahl durch stetige Drehungen einer Kurbel von der anderen Uferseite auf uns zu. Motorboote müssen warten, die Kette, die unsere Kurbel mit dem Ponton verbindet erlaubt keine Durchfahrt. Wir schieben die Räder auf die „Pünte“. Wiederholte Handarbeit befördert uns über den seichten Kanal. Weites Land, weidende Kühe, Sonne und Grün verwöhnen unser Auge.

Der schiefste Turm der Welt

Bereits einige Kilometer weiter erreichen wir Suurhusen. Tjabbo von Lessen verrät uns in seiner einmaligen Art viel über die Geschichte des schiefsten Turmes der Welt. Mit 5,19 Grad Neigung hält die evangelische Kirche seit 2007 den Weltrekord. (*) Eingetragen im Guinnesbuch der Rekorde. Die Eindeichung zum Schutz vor Hochwasser brachte Schutz für Land und Bevölkerung, gleichwohl fordert sie ihren Tribut. Die Grundwasserabsenkung lässt die Eichenpfähle auf denen viele Gebäude der Region stehen mit Sauerstoff in Verbindung kommen, die verrotten und ihre schwere Last nicht mehr tragen können. Gebäude beginnen sich, mangels festem Boden unter den „Füßen“, zu neigen und müssen abgerissen oder gestützt werden. Tonnenweise in den Boden eingebrachter Beton verhindert ein weiteres Absinken des Kirchturms.  Wir fahren weiter. Neugierig halten wir bei den vielen Info – Stationen an, erfahren etwas über die Region oder dürfen grossartige Aussichten geniessen. Zufrieden kehren wir nach 35 Km zum Hotel Landhaus „Grosses Meer“ zurück. Wir können unsere Zimmer beziehen und die wenig genutzten Akkus laden.

*Seit 2022 ist der “Schiefe Turm von Gau-Weinheim” der schiefste Turm der Welt

Die Vogelperspektive

eröffnet uns ein völlig neues Bild. Nach einem ausgiebigen Frühstück nutzen wir die Chance uns einen Überblick der anderen Art zu verschaffen. Direkt an der Autobahnabfahrt Emden-Norddeich ist der Flugplatz Emden gelegen. Der OFD (Ostfriesische Flugdienst) übernimmt von hier aus die Verteilung der Pakete für die vorgelagerten Inseln, tauscht per Helikopter die Besatzungen der Ölplattformen, unterstützt die jährlichen Wartungsarbeiten für Windkraftanlagen aus der Luft, sichert den Gästetransfer von und zu den Inseln, bietet qualifizierten Rettungsdienst aus der Luft, und vieles mehr. Wir nutzen einen kleinen einmotorigen Hochdecker für einen Blick aus der Vogelperspektive. Im Gegensatz zum großen Flieger mit hunderten von Gästen passen nur wir Drei, Eva, der Pilot und ich in die Kabine. Ein Erlebnis, welches ich nicht vergessen werde und jedem nur empfehlen kann. Bei bestem Wetter gleiten wir über Ostfriesland, erhalten einen weitläufigen Ausblick über Region von Oben.

Ab ans Meer

So schön die Region auch ist, uns zieht es am Nachmittag an die Nordsee. Mit unseren Rädern und ein wenig Motorunterstützung lassen wir die 28Km bis Norddeich trotz Gegenwind hinter uns. eBikes bringen Leichtigkeit und Entschleunigungin unser Leben. Viele bunte Winddrachen und die Schirme der Kite-Surfer winken uns schon von weitem zu. Rauf auf den Deich: Flut, das Wasser ist da!

Temperaturen um 30 Grad Celsius verlocken uns mit den Füßen ins Meer zu tauchen bevor wir uns mit einen „Kaffe to go“ aus dem Haus des Gastes in den Strandkorb verkriechen. Auszeit, genau das richtige Wort für diese Situation. Dem Wasser ein wenig lauschen, ein wenig Wind um die Nase und ein gutes Buch lassen die Zeit vergehen. Ganz in der Nähe übernimmt die Seehundstation Norddeich die Fürsorge gestrandeter Robben und lädt zu einem Rundgang ein.

Im „Dickster Fischhuus“ schlemmen wir Limandes und eine Welspfanne bevor wir uns wieder auf den Weg zum Hotel machen. Der Schutz des Strandkorbes hat die Wirkung der Sonne nicht ganz verhindern können. Bei jedem Tritt in die Pedale macht sich ein leichter Sonnenbrand an den Füßen bemerkbar.

Landleben und Handwerkskunst

Ein heftiges, nächtliches Gewitter hat die Temperaturen merklich abfallen lassen. Die Sonne tut sich schwer die kühle Morgenluft aufzuwärmen. Mit unseren Rädern begeben wir uns auf die Route 900. Die 32Km lange Rundtour verspricht Land, Leute wie Zeitgeschichte zu erleben und erfüllt es auch.

Der leichte Wind reicht aus um die Flügel der Mühle Wiegboldbur in Bewegung zu setzen. Im restaurierten Zustand präsentiert sie sich und ihre Geschichte. Hochzeitspaare haben die Gelegenheit sich in besonderer Atmosphäre trauen zu lassen.

Wenig weiter erfahren wir etwas über das Leben der Moorsiedler. Für uns eröffnet sich eine unvorstellbare Zeit. Das Moormuseum Moordorf zeigt authentisch die beengten und einfachen Lebensbedingungen unser Vorfahren, die mit Familie und Vieh auf wenigen Quadratmetern unter einem Dach ihr zu Hause hatten. Bedrückend, wenn man dagegen unseren heutigen Wohlstand sieht. Feuchte Moorgegend und die schwere Arbeit des Moorabbaus brachten zwar Wohlstand, zeigen gleichzeitig aber auch die Vergänglichkeit in der Kürze des damaligen Lebens.

Es ist Samstag , der erste Samstag im Monat, somit ruft uns das Doerpmuseeum. Genau an jenen Tagen ist es nicht nur geöffnet, vielmehr bieten die vielen freiwilligen Vereinsmitglieder einen praktischen Blick in frühere Zeiten.

Schmiede, Spinnerinnen, Bäcker und Buttermacher zeigen lebendig ihr Handwerk und manches lässt sich verkosten. Herrlich! Selbstgemachte, leicht gesalzene Butter auf Rosinenstullen und dazu frische Buttermilch. Im Hintergrund arrangieren Schmiedeschläge, Sägewerk und ein einzylindriger Lanz Traktor in dumpfen Tönen ihre eigene Komposition. Alles bewegt sich und ich frage mich wie jemand auf dem ständig tanzenden Sitz des Traktors wohl sitzen konnte. Wir schauen uns um und entdecken neben vielen Handwerks- und Lebensutensilien drei Frauen die der Tätigkeit des Spinnens nachgehen. „Selbst aus Hundehaaren“, durchs Kämmen gewonnen, gesammelt, aufbereitet, versponnen und verarbeitet, lassen sich Socken herstellen, erklärt uns eine der Damen und zeigt uns nicht ohne Stolz ihre Arbeit.

Auf dem Rückweg zum Hotel erinnert uns die KZ- Gedenkstätte Engerhafe an zum Glück vergangene Zeiten.

Ein langer Tag mit vielen kleinen Stops liegt hinter uns. Wir geniessen frischen Spargel als Abendessen mit Meerblick im Hotel.

Die Region bietet so viel

wie wir es in den wenigen Tagen gar nicht alles erfahren können. Wir lassen das Auto in Norddeich stehen und machen uns per Rad auf den Weg nach Neuharlingersiel. Der historische Hafen ist ein wahres Kleinod. Im kleinen Hafen reihen sich die Fischkutter aneinander. Ringsherum findet das Leben statt. Ein kleiner Sandstrand lädt zum verweilen ein. Die Nordsee hat ihren eigenen, zuweilen rauhen Charakter. Ein Charakter der Landschaft und Menschen prägt, ein Charakter der uns gefällt. Wir erreichen Norddeich und wollen den Nachmittag mit einem Blaubeerpfannkuchen mit Eis und Sahne direkt am Deich ausklingen lassen. Vom Nachbartisch erfahren wir das die grüne Mühle in Greetsiel wieder restauriert sei. Orkan Christian hatte ihr im Oktober 2013 Dach und Flügel genommen und dabei noch die Galerie zerstört. Viele Spenden und die ehrenamtliche Mithilfe ermöglichten den Wiederaufbau. Für uns war es klar das wir uns diesen Anblick nicht entgehen lassen wollten und wir wurden nicht enttäuscht. Dazu gab es dann noch ein Fischbrötchen vom ansässigen Großhandel De Beer.

Fazit

Es muss nicht immer die Küste sein, auch wenn einen die Sehnsucht nach dem Meer treibt. Im nahen Hinterland lernt man Ostfriesland von einer anderen Seite abseits der großen Touristenströme kennen.

Das Landhaus Hotel „Grosses Meer“ bietet in idealer Lage einen sehr guten Ausgangspunkt für verschiedene Touren. Vorbereiten muss man sich für keine der Touren. Karten und Informationsmaterial gibt es in der nahe gelegenen Touristikinformation kostenlos, wenn man sie sich nicht im voraus bereits zusenden lässt. In weniger als fünf Minuten Fußweg erreicht man eine der vielen Paddel und Pedalstationen. Zwischen ihnen sind Touren in die Umgebung per Kanu und Rad, beispielsweise ins nahe Emden, auch gemischt möglich. So kann man per Kanu nach Emden und per Rad zurück einen ganzen Tag verbringen. Unsere Zeit neigt sich dem Ende entgegen, gerne würden wir noch einige Tage hier verbringen. Eines ist sicher, wir kommen, mit etwas mehr Zeit wieder.

Partner und Sponsoren:

HPVelotechnik
Rohloff
Arkel Logo
Fahrrad Gäde
ADFC Norden